Freitag, 16.01.2015

#46 Das Ende rückt näher...

Frohes neues Jahr! 明けましておめでとう!

Ich lasse ein bisschen nach, was die Häufigkeit meiner Blogeinträge angeht, wie mir scheint. Eigentlich glaube ich, lasse ich bei fast allem nach, ich schreibe nicht mehr so viel Tagebuch, ich mache meine Hausaufgaben nur noch manchmal und höre auch im Unterricht nicht zu. Ich bin irgendwie ziemlich müde, und am Dienstag dachte ich mir, dass ich gerne Ferien hätte, nur um zu merken, dass es erst der dritte Schultag war. Ich hatte ziemlich schöne Ferien, aber auch ziemlich anstrengende und vollgestopfte. Ich bin praktisch so viel es ging mit Freunden weggewesen*, und an den wenigen freien Tagen war ich auch immer beschäftigt. So kam es, dass ich während der zwei (?) Wochen nur ungefähr fünf Seiten gelesen habe, obwohl ich vor den Ferien in zwei Wochen ungefähr hundert Seiten gelesen hatte. Ich habe das "doppelte Lottchen" auf Japanisch gelesen, und jetzt lese ich einen japanischen Roman für Kinder. Die meiste Zeit war ich übrigens mit aufräumen beschäftigt. Mein Zimmer ist so extrem chaotisch, ich gebe es zu. Ich habe auch endlich Pakete heimgeschickt, und ich muss noch mehr heimschicken, es ist immer noch viel zu viel! Dabei habe ich mir echt nichts gekauft! Ich verstehe nicht, warum ich so viel Zeug habe... In meinem Zimmer türmt sich auch Papier, Arbeitsblätter aus der Schule. Ich habe das Meiste weggeworfen, aber irgendwie fällt es mir schwer. Ich meine, in Deutschland habe ich nicht wirklich Verwendung dafür, aber irgendwie sind es halt doch Erinnerungsstücke. Jedenfalls ja, das Ende rückt jetzt immer näher. Ich kann mir nicht vorstellen, in vier Wochen wieder in Deutschland zu sein. Noch ein paar Tage, und es sind nur noch drei Wochen, das heißt so lang wie Weihnachtsferien (in Hessen). Selbst wenn ich das jedem sage, selbst wenn ich über Gepäck nachdenke und versuche, genau zu planen, was ich in dieser Zeit noch machen will/muss/kann, verstehe ich eigentlich nicht, was das bedeutet. Genau wie ich vor einem Jahr auch nicht verstand, was es bedeuten würde, für ein Jahr weg zu sein. Nur dass ich vor einem Jahr wusste, dass ich wieder zurückkehren würde. Ich weiß, dass schreibt wahrscheinlich jeder Austauschschüler gegen Ende mal, aber diesmal weiß ich eben nicht, ob ich wieder zurückkommen werde. Natürlich, irgendwann werde ich noch mal nach Japan fahren. Irgendwann werden mich Freunde in Deutschland besuchen. Irgendwann werde ich meine Gastfamilie, meine Freunde, vielleicht auch meine Lehrerin wieder treffen, ich werde wieder japanisches Essen essen und all die Wege, Läden und Orte wieder besuchen. Aber ich werde nie wieder Schülerin an der Yokofuta sein und ich werde nie mehr in meinen jetzigen Alltag zurückkehren. Was meinen Alltag ausmacht, sind ja nicht nur meine Gastfamilie und meine Freunden, sondern auch die Tennisclubmitglieder, denen ich morgens zuwinke, das Orchester, dessem Klang ich lausche, während ich die Treppe hochsteige, die Theaterclubleute, die im Flur üben, die Mädchen aus dem Volleyballclub, mit denen ich Volleyball spiele, und all die, die mir zu lächeln, mich grüßen, mit denen ich ein paar Worte wechsel, von denen ich aber im Allgemeinen nicht einmal den Namen weiß. Aber sie sind halt da, ich erkenne ihre Gesichter und es macht mich glücklich, wenn sie mich anlächeln und mit mir reden. Und all diese Leute, werde ich bestimmt nicht mehr treffen. Ich dachte ja, ich hätte immer recht negativ über meine Schule gesprochen, auch bei unseren AFS-Orientations. Deshalb hat es mich etwas erstaunt, als mir die LP von irgendwem schrieb, meine Schule habe ja gut zu mir gepasst. Laut meinem Gastvater ist das japanisches Verhalten, dass man positiv über eine Sache spricht, obwohl man weiß, dass es anders ist. Auch meine Gastmutter sagte aber, ich habe Glück mit meiner Schule gehabt. Und ich glaube, sie hat recht damit. Ich bin schon recht schüchtern. Jetzt vielleicht nicht mehr so stark wie früher, aber ich erinnere mich an die Willkommensparty, die es für uns gab, und damals war ich wirklich noch sehr schüchtern. Wenn ich mich allerdings an den Schulanfang zurückerinnere, habe ich das Gefühl, mich von Anfang an Wohl gefühlt zu haben. Dabei konnte ich ja kaum Japanisch reden, weshalb es etwas seltsam scheint. Aber das ist vielleicht der Verdienst meiner Schule. Mädchenschulen sind anders als andere Schulen. Zwar finden es wahrscheinlich alle Schülerinnen von Mädchenschulen irgendwann mal blöd, auf einer Mädchenschule zu sein, aber eigentlich ist die Stimmung sehr schön. Fröhlicher, offener, verrückter. Austauschschüler auf gemischten Schulen erzählen öfters, dass kaum jemand mit ihnen redet oder so. Meine Schule ist vielleicht nicht so verrückt wie andere Mädchenschulen, ein bisschen ernster, aber ich musste mich nie anstrengen, um nicht alleine zu sein. Es sind immer alle auf mich zu gegangen, selbst nach Wochen hat ihr Interesse an mir nur so weit nachgelassen, dass es mir nicht mehr auf die Nerven ging, ich musste am Anfang, als ich noch nicht reden konnte, nur lächeln, und habe so viele Freunde gefunden.

Letzte Woche war übrigens schon die letzte Orientation. Wir haben von Samstag auf Sonntag übernachtet und es war sooo lustig! Am Samstag hatten wir eine normale Orientation mit viel Reden, so wie immer. Am Abend waren wir fünf Austauschschüler und vielleicht 15 Studentvolontäre. Ich mag sie inzwischen alle so gerne! Leider musste ich aber den Großteil der Zeit damit verbringen einen Brief an meine Gastfamilie zu schreiben. Den las ich am Sonntag vor, als es erst die Verabschiedung der Japaner gab, die im Februar ihr Austauschjahr anfangen, und dann die Verabschiedung von uns. Das war sehr traurig. Ich dachte, ich würde garantiert in Tränen ausbrechen, ich brach ja schon beim Üben fast in Tränen aus, genau wie die Volonärin, die mir half. Aber beim Vorlesen war es dann okay, ich hatte allerdings davor schon geweint, als wir Geschenke von den Volontären bekamen. Jeder dachte aber, dass ich weinen würde, weil ich nicht mit Mikrofon sprechen kann...

Ich beantworte bald mal die Fragen nach Neujahr und alles mögliche, will auch irgendwann noch mal Fotos von Kyoto einstellen, aber das mache ich nicht jetzt... Nur eine Frage an Vanessa: Ist das "ne" am Satzende irgendein Deutscher Dialekt, oder lernst du jetzt doch schon Japanisch? Ich wünsche dir viel Spaß bei der Länderspezifischen-VB, bei mir war sie superlustig!

Heute waren in der Schule 19 Koreaner, denn meine Schule macht jedes Jahr einen Kurzaustausch mit einer Schwesterschule in Korea (und auch mit Schwesterschulen in anderen Ländern). Ich halte es für eine gute Sache, das Verhältnis zwischen Japan und Korea auf diese Weise vielleicht ein bisschen zu verbessern. Zwei der Mädchen waren auch in meiner Klasse. Das veranlasste viele in meinem Jahrgang zu der Bemerkung, dass unsere Klasse ja jetzt so unglaublich international sei. Was soll ich dazu sagen..? Ich wurde auch gefragt, ob ich schon mal mit Koreanern geredet habe. Das bin ich mir tatsächlich nicht sicher, aber ich habe auch noch nie darüber nachgedacht. Hier denke das aber viele bewusst: "das erste Mal, dass ich mit einem Koreaner rede", "das erste Mal, dass ich einen Paraguayaner treffe"...  

Pauline

*Ich finde, man sollte im Deutschen das Wort asobieren einführen. Das bedeutet spielen, freihaben, spaßhaben... Wenn man sich also mit Freunden trifft, sagt man, dass man mit ihnen asondiert (Ich habe das Wort selbst an die deutsche Grammatik angepasst, eigentlich heißt es asobu oder asonde iru). Ich finde, es ist ein sehr praktisches Wort und schwer zu übersetzen.