Freitag, 20.06.2014

#26 Rückgabe der Tests

Also erstmal: Ich  lebe noch. Ich bin auch schon lange nicht mehr krank. Und ich dachte mir, wo ich jetzt mal fünf Minuten Zeit habe, schreibe ich doch mal wieder was. Ich wollte eigentlich schon seit einer Woche schreiben, aber gerade ist es echt schlimm. Im Allgemeinen habe ich das Gefühl, nichts zu machen (wahrscheinlich täuscht das einfach), aber ich habe echt nie Zeit. Gut, am Wochenende war ich tatsächlich recht beschäftigt und schlief leider auch nicht richtig viel, was dann zur Folge hatte, dass ich mich die letzten drei Tage so müde wie noch nie gefühlt habe. Wahrscheinlich stimmt auch das eigentlich nicht, aber so kam es mir vor, ich war so fertig, dass ich das Gefühl hatte, beim Gehen einzuschlafen und auch in den Pausen schlief ich teilweise. Aber gut, dann schlief ich dann zum Glück etwas früher und jetzt geht es mir wieder gut.

Rückabe der Tests

Das war das, was letzte Woche in der Schule passierte: die Tests wurden zurückgegeben, in jedem Fach, für mich war es ziemlich langweilig. Ich hatte so viel Zeit, dass ich in einem Tag eine ganze Japanischlektion machte und am Montag außerdem meine gesamten Japanischhausaufgaben für in zwei Wochen fertig hatte. Aber auch zu sehen, wie die Tests zurückgegeben wurden, war in gewisser Weise interessant. Der Lehrer teilt die Tests aus, das heißt, dass jeder nach einander nach vorne gehen muss. Jeder nimmt seinen Zettel, presst ihn an sich, legt in zwischen andere Zettel oder falltet ihn, damit niemand die Punkte sehen kann, während er auf seinen Platz zurück geht. Dort angekommen falltet er seinen Test um einen halben Zentimeter auseinander, gerade genug, um die rote Zahl sehen zu können, die in der Ecke steht, dann knickt er die Ecke um, um ganz sicher zu gehen, aber die meisten fallten ihn selbst mit umgeknickter Ecke nicht ganz auf. Wenn jemand ein schlechtes Ergebnis erwartet, geht er möglicherweise sogar raus, um es anzuschauen. Und man spricht nicht darüber. Nicht, wenn man ein schlechtes Ergebnis hat, und normalerweise auch nicht, wenn man ein gutes hat. Manche weinen in der Klasse, aber man achtet nicht darauf. Jeder ist ganz alleine.

Aber eigentlich war auch das Lernen schon mehr oder weniger Einzelsache. Gut, man stöhnt gemeinsam, lernt vielleicht mal gemeinsam in der Mittagspause oder nach der Schule, aber im Allgemeinen lernt man Nachts, und wie viel man da lernt, darüber redet man lieber auch nicht. Man fragt zwar gerne, wann der andere ins Bett gegangen ist, aber selbst sagt man am liebsten, dass man nicht lernen würde. Man lernt alleine, man schreibt den Test alleine, man ist alleine, wenn man das Ergebnis bekommt, und danach vergisst man das ganze wieder. Nur in Mathe und Englisch bemerkt man die Tests, da sich durch sie die Kurse ändern. Ich habe jetzt auch endlich das japanische System verstanden, zumindest ein bisschen: In den Examen ist das höchste hundert Punkte. In Mathe und Englisch wird dann aus den Ergebnissen des Jahrgangs ausgerechnet, ob man in Zukunft im x, y oder z-Kurs ist. Das hängt nur von den Ergebnissen dieses Jahrgangs ab. Es kann also sein, dass man in einem Jahr achzig Punkte für den z-Kurs braucht, im nächsten aber nur siebzig. Auch in den anderen Fächern wird irgendwie ausgerechnet, ob man bestanden hat oder nicht. Möglicherweise zählen dafür auch Kurztests und Hausaufgaben, auf jedenfall bekommt man am Ende des Jahres eine Note zwischen null und zehn. Wenn man in mindestens einem Fach unter drei Punkte hat, bleibt man theoretisch sitzen. Praktisch allerdings nicht, denn davor hat man noch mal zwei Examen und wenn man es in denen schafft, über drei Punkte zu bekommen, darf man ins nächste Jahr. Und mit viel Paukerei schafft man es wohl (fast) immer. Für Japaner ist die Vorstellung, sitzen zu bleiben, jedenfalls der reinste Horror, aber es macht halt auch echt niemand. Wenn ich ihnen von Deutschland erzähle, finden sie es total schrecklich wäre, wie es da geregelt ist. Aber die, die besser Englisch können und mit denen ich richtig darüber reden kann, finden es in Deutschland besser. Sie sagen, dass es manchmal besser sei, ein Jahr nochmal zu machen, als sich mit diesen Examen immer ins nächste Jahr zu hangeln, ohne irgendwas zu kapieren.

Ach so, und hier ist jetzt das Foto von der Sommeruniform, ich habe tatsächlich kapiert, wie ich es einfügen kann, ganz dumm bin ich eben doch nicht ;D

Meine Sommeruniform

Mir fällt gerade ein, ich glaube, Japaner verstehen tatsächlich keine Ironie. Letzte Woche unterhielt ich mich darüber mit dem chinesischen Austauschschüler und er meinte, sie würden es schon benutzen, aber gestern sagte ich zu meiner Freundin, die sichtlich müde und lustlos aussah "you seem to enjoy it very much!" und sie sagte sichtlich entrüstet: "no!" 

Pauline