Montag, 04.08.2014

#29 Nur Antworten (mal wieder)

Hallo

ich werde jetzt nur Fragen beantworten. Aber ihr schreibt so lange Kommentare und stellt so viele Fragen, dass ich gar nicht weiß, wo ich genau anfangen soll.

Erst mal, schön, dass du dich mal wieder gemeldet hast, Vanessa! Ich hatte mir schon Sorgen gemacht, dass ich euch Zukünftigen mit meinem Blog die Vorfreude vermiese. Aber schön, wenn es nicht so ist! Und viel Spaß beim Japanisch lernen, ganbatte! (="streng dich an", eines der wichtigsten japanischen Wörter). Ja, ich kann immer noch nicht richtig Japanisch. Also, ich komme schon mehr oder weniger zurecht, spreche mit meinen Freunden mit wenigen Ausnahmen Japanisch und inzwischen meistens auch mit meiner Gastfamilie. Und ich lerne echt viel. Normalerweise sagt man ja, dass man so drei Monate braucht, bis man eine Sprache kann. In den Unterlagen von AFS über Japan stand aber, dass die durchschnittlichen Austauschschüler 6 Monate brauchen, bis sie fließend Japanisch können. Ich weiß auch nicht, woran das liegt. Im Dezember haben wir Japanischtest (freiwillig). Die meisten Austauschschüler bestehen da Level 3. Ehrlich gesagt würde ich das wahrscheinlich jetzt schon bestehen, zumindest fast. Aber Grammatiktest und flüssig sprechen können sind einfach zwei verschiedene Dinge. Jetzt zu Hakaron: Du sagtes in Bezug auf die anderen Austauschschüler irgendwas darüber, dass man sich nicht mit anderen vergleichen soll. Aber das habe ich auch gar nicht. Es kommte halt nur vor, dass Nu-Lek und ich irgendwelche Fragen haben, die anderen aber nicht die Hausaufgaben gemacht haben und die Fragen nicht verstehen, weil sie noch nicht mal die verschiedenen Arten der Verben kennen (lernt man ziemlich am Anfang und es gibt auch nur zwei Hauptgruppen, wenn man die aber nicht kennt, kann man eigentlich keine Zeiten bilden). Und dann kümmert die Lehrerin sich um die anderen und für uns ist es ziemlich langweilig. 

Kabuki = japanisches Theater

Tja, tut mir leid, dass niemand Kabuki kennt, habe ich irgendwie vergessen. Es ist traditionelles japanisches Theater, bei dem alle Rollen von Männern gespielt werden. Außerdem gibt es viel Gesang und es wird von traditionellen Instrumenten begleitet. Es ist sehr langsam und sehr theatralisch, keine Spur von der Realitätsnähe, die im zeitgenössischen Theater angestrebt wird. Und ja, es ist recht langweilig. Bei jungen Japanern auch nicht besonders beliebt. Trotzdem gibt es überraschenderweise recht viele Kabukischauspieler, die als Schauspieler auch im Fernsehen Erfolg haben, habe ich gehört.

Politik

Mit der Politik stimmt wohl schon, auch in Deutschland sind viele Leute sehr unpolitisch, vor allem junge. Aber trotzdem kam es bei mir in der Schule vor, dass wir nach PoWi (hessisches Schulfach: Politik und Wirtschaft) im Flur standen und diskutierten. Oder auch in Religion. So was könnte ich mir hier nicht vorstellen, schon weil man im Unterricht nicht redet und erst recht nicht diskutiert.

Ich weiß auch nicht richtig viel über die japanische Todesstrafe, nur dass sie immer wieder von anderen Industrieländern kritisiert wird, weil sie sehr grausam ist: Bis zu ihrer Hinrichtung bleiben die Verurteilten in Einzelhaft, bis es soweit ist, kann es aber Jahre dauern. Und der Zeitpunkt wird ihnen nicht verraten. Sie leben also in ständiger Angst davor, dass sie im nächsten Moment abgeholt und zum Galgen gebracht werden (sie werden gehängt), weshalb sie oft verrückt werden. Die Angehörigen erfahren erst im Nachhinein von der Hinrichtung, wenn sie den Leichnam zur Beerdigung abholen können. Wie gesagt, ich habe es in einem Fernsehfilm gesehen, es war genau so. Keine Ahnung, was Japaner denken, wenn sie das sehen. Ob es für sie einfach normal ist? 

Restliche Antworten (Teile davon)

Und, tut mir leid Hakaron, aber was den Druck angeht, kann ich dir leider auch nicht zustimmen. 

Den Inhalt der Rede über Deutschland habe ich mir übrigens schon selbst ausgedacht, meine Gastfamilie hat mir nur geholfen, besonders großartige Formulierungen zu verwenden.

Über die Fragen von David denke ich noch nach, ich werde sie demnächst mal beantworten. Ansonsten ist es manchmal schwer, wenn ihr so lange Texte schreibt, keine Fragen zu übersehen. Wenn ich also etwas vergesse, was euch wirklich interessiert, weist mich ruhig darauf hin!

Über meine Ferienerlebnisse werde ich demnächst noch mal ausführlich berichten (auch mit Bildern). Morgen und übermorgen sind noch mal Club und dann fahre ich zum AFS-Sommercamp, deshalb habe ich im Moment nicht genug Zeit.

Fukushima

Nur eine Sache noch: Vorgestern gab es im Fernsehen eine Kampagne dafür, dass man Pfirsiche aus Fukushima kaufen soll. Die Bauern wurden bemitleidenswert dargestellt und die Pfirsiche sehr lecker. Sie sahen wirklich sehr lecker aus. Aber man sieht halt leider nicht, ob sie radioaktiv verstrahlt sind oder nicht. Jedenfalls unterstützt der japanische Präsident das offenbar, denn man sah ihn, wie er einen der leckeren Pfirsiche aß. Meine Gastschwester sagte danach wirklich, dass das doch eigentlich nicht so schlimm sei und wir doch Pfirsiche aus Fukushima kaufen sollten (sie sind ziemlich billig). Glücklicherweise sagte Okaasan aber, dass wir das nicht machen würden. Ich fand es etwas erschütternd. Ich meine, ist schon klar, dass es den Bauern dort nicht gut geht, aber trotzdem. Und die Leute glauben es offenbar noch.

Ach so, in Deutschland benutzt man "Fukushima" ja stellvertretend eigentlich für alles, was im März 2011 in Japan passierte; Erdbeben, Tsunami, und eben das im Kernreaktor in Fukushima. Hier ist "Fukushima" aber einfach der Name einer Pfäfektur und wird, soweit ich das sagen kann, nicht weiter mit alldem in Verbindung gebracht. Wenn wir von "Fukushima" sprechen, sprechen die Leute hier von einem Erdbeben (den genauen Namen habe ich schon wieder vergessen).

Tja, das war's so weit...

Pauline