Mittwoch, 09.04.2014

#9 In der Schule

Hallo,

jetzt ist also tatsächlich auch schon mein dritter Schultag vorbei. Vorgstern nachmittag war ich, obwohl ich nur bis zwölf Schule hatte, so fertig, dass ich es nicht hinbekommen habe, irgendwas zu schreiben und gestern wurde ich nicht fertig. Ich versuche also mal, ein bisschen nachzuholen. Um genau zu sein, wäre ich schon fast fertig, aber leider gab es gerade irgendein Problem, auf jedenfall ist alles weg, was ich heute schon geschrieben hatte, was eine ganze Menge war. Und wundert euch nicht, wenn es teilweise ein bisschen chaotisch ist, weil ich halt vieles gestern schrieb, was heute aber teilweise schon nicht mehr stimmte, so dass ich es dann verbesserte und so.

Schuluniform

Also, erst mal trug ich natürlich meine Schuluniform, wobei ich das letzten Donnerstag ja auch schon machte. Und genau wie schon am Donnerstag hatte ich das Gefühl, von allen angestarrt zu werden, und ich hasste es. Ich wartete an der U-bahn-station auf meine Klassenlehrerin, ich werde sie S.-Sensei nennen, um mit ihr zusammen zur Schule zu gehen, und da ich sehr früh da war musste ich zehn Minuten warten, während die ganzen Schülerinnen meiner Schule an mir vorbei gingen und dank der Uniform narürlich gleich erkannten, dass ich auf ihre Schule gehe, und mich anstarrten. Meine Schule ist übrigens offenbar echt berühmt. Als ich am Sonntag Freiwilligen von AFS sagte, dass ich auf diese Schule gehe, blieben denen fast die Spucke weg.

Meine Schuluniform

Hier also das lang ersehnte Bild meiner Uniform, allerdings ohne Blazer und Schuhe, dafür aber mit ordentlich geknöpften oberstem Hemdknopf (normalerweise dürfen wir ihn öffnen), vorbildlich frisierten Haaren, und ziemlich langem Rock. Da es ja ein Kleid ist, können wir ihn auch nicht hochrollen, wie es die Mädchen in allen anderen Schulen machen. Naja, die Uniform ist ziemlich traditionell, sie wurde seit ewigen Zeiten nicht mehr geändert. Und die Schule wurde halt bis vor nicht allzu langer Zeit von Nonnen geführt.

Der erste Tag

Zum Glück musste ich keine Rede vor der ganzen Schule halten, sondern erstmal nur vor den Lehrern, dafür kam ich dazu fast zu spät, weil weder ich noch die Schüler, die meine Klassenlehrerin mit der Suche beauftragt hatte, meinen Locker fanden. Ich stellte meine Schuhe deshalb in eine Ecke, bis ich ihne nach Schulschluss doch noch fand. Dann stellte ich mich also den Lehrern vor, ich hatte am Sonntag extra noch dafür geübt. Und dann nahmen mich ein paar Schülerinnen mit zu unserer Klasse. Es war eigentlich schon lustig, wie alle die Augen aufrissen, wenn ich kam. Obwohl meine Schule in einem Viertel liegt, in dem besonders viele Ausländer leben, und direkt nebenan die Internationale Schule ist, so dass sich wahrscheinlich so ziemlich alle ausländischen Kinder Yokohamas dort sammeln, bin ich halt trotzdem etwas besonderes, weil ich praktisch die "falsche" Uniform trage. Und von überall kam ein ständiges "kawaii!!!". Ich war ganz schön verlegen, aber alle sind wirklich nett.

Als nächstes war dann die Willkommenszeremonie für die Siebtklässler (meine Schule ist auch eine Mittelschule), die eigentlich nur aus einer ewig langen Rede des Direktors bestand, von der ich natürlich überhaupt nichts verstanden hätte, wenn S.-Sensei mir nicht eine Englische Übersetzung mitgeschrieben hätte. Die Zeremonie ging noch irgendwie weiter, aber wir durften dann gehen, hatten erst ein bisschen Pause und dann eine Veranstaltung für den meinen Jahrgang, in der sich die Lehrer des Jahrgangs vorstellten und etwas über die Oberstufe erklärt wurde, was ich aber auch nur weiß, weil meine liebe Lehrerin wieder für mich übersetzte. Und ich musste mich, so ganz nebenbei erwähnt, wieder vorstellen. Das klappte auch ganz gut, aber danach wurde ich leider noch interviewt, natürlich auf Japanisch. Die erste Frage, weshalb ich nach Japan wollte, konnte ich dank meines Trainings am Sonntag noch beantworten, aber die folgenden Fragen, was ich dachte, als ich am Flughafen ankam und keine Ahnung was, überstieg dann doch etwas mein Können. Ich verstand die Fragen zwar, aber beantworten konnte ich sie nicht. Eigentlich wäre es ziemlich peinlich gewesen, aber ich blendete ziemlich gut aus, dass ich gerade auf einer Bühne vor 200 Leuten stand. 

Danach gab es dann noch Home Room, Klassenlehrerstunde, der echt langweilig war, weil ich nichts verstand und mich viele Dinge auch überhaupt nicht betrafen. Und dann fuhr ich mit ein paar Mädchen aus meiner Klasse zusammen heim und wir redeten tatsächlich ein bisschen auf Japanisch. Die allermeisten sind echt schlecht in Englisch. Aber Japanisch ist schon ganz schön schwer. Vor allem, ist es oft einfach so, dass ich es akkustisch nicht verstehe, aber das kann  ich dann nicht erklären. Oder ich denke einfache über die Frage (zum Beispiel was meine Lieblingsmusik ist) nach, aber die anderen denken, ich habe die Frage nicht verstanden.

Ein anderes Problem ist echt, dass ich mir die Namen nicht merken kann. Aber nachdem ich einen Tag lang was mit ihnen gemacht habe, traue ich mich nicht mehr, zu fragen. Und andererseits weiß ich auch eine ganze Menge Namen, kann aber nicht mehr zu ordnen, zu wem sie gehören. Heute morgen auf dem Weg von der U-bahn zur Schule war es mir auch total unangenehm, weil ich dachte, vielleicht ist irgendjemand aus meiner Klasse da, und ich erkenne sie nicht. Aber immerhin sind wir auch 47 in einer Klasse!

Alle Klassen sind so groß. Das Klassenzimmer ist ganz schön voll mit all den Tischen, die, wie man es aus Manga kennt, ordentlich in geraden Reihen stehen. Zwischen den Tischen kommt man kaum durch, und dabei sind sie extrem klein, vielleicht halb so groß wie mein Schultisch in Deutschland.

Der zweite Tag

Gestern gab es erstmal wieder Home Room, bei dem zuerst die Klassensprecherin gewählt wurde (meine Nachbarn sagten mir, welche Namen ich schreiben sollte, und ich weiß immer noch nicht, für wen ich da eigentlich stimmte), dann Dinge besprochen wurden, die ich nicht verstand und/oder die mich nicht betrafen, und ich dann in eine Liste eingetragen wurde, von der ich keine Ahnung habe, um was es eigenlich ging. Aber alle versuchten, mir zu helfen. Ab der dritten Stunde hatten wir dann normal Unterricht. Als erstes Bio: Wie die Lehrerin das Wort Biologie erklärte, verstand ich noch, aber dann schrieben wir einen Test, und den verstand ich leider nicht mehr. Warum schrieb sie auch erst nach dem Test an die Tafel, dass Seibutsu Lebewesen bedeuted? Dann gab es zwei verschiedene Englischstunden. Die erste war wirklich sehr einfach, es ging um Reden und die Lehrerin war auch wirklich Amerikanerin, und ziemlich nett, bahandelte uns aber wie Grundschulkinder. In der zweiten hatten wir einen japanischen Lehrer und ich verstand so gut wie gar nichts, denn er sprach die ganze Stunde lang Japanisch. Aber ich bekam mit, dass wir jede Woche einen Vokabeltest schreiben werden, jede Woche hundert Worte. Ich kann so gut wie alle, sie sind wirklich einfach. Das Problem ist nur, dass ich in den Vokabeltests ja die Worte aus dem japanischen übersetzen muss, was bedeutet, dass ich jede Woche hundert Wörter in Kanji gelesen lernen muss, was mir ziemlich aussichtslos vorkommt. Zwischen den beiden Englischstunden hatten wir Mittagspause, in denen wir unsere Bento aßen und dann auf dem Hof Volleyball spielten. Das machte Spaß. Der ganze Hof war voll mit Mädchen, die Volleyball spielten. Dann hatte ich noch Mathe, wo ich ehrlich gasagt auch nicht wirklich was verstand, obwohl mir S-Sensei (die auch meine Mathelehrerin ist) extra ein englisches Mathebuch auslieh. Und schließlich gab es noch eine Orientation, aber ich weiß nicht für was die war. Ein paar Lehrer hielten Reden, eine Japanischlehrerin las ein Gedicht vor, wir mussten irgendeinen Artikel lesen und ein Lehrer zeigte Fotos aus Afrika von irgendwelchen armen Kindern und so. Viele schliefen, weshalb ständig Lehrer herum gingen und sie anstubsten, damit sie wieder aufwachten. Dann gab es wieder Home Room, zehn Minuten, in dem ich wieder nichts verstand. Am Ende verbeugten wir uns, wie wir es vor und nach jeder Stunde machen, und dann beteten wir ein Ave Maria oder so, wobei ich nicht wirklich betete, da ich es natürlich noch nicht kann. Das muss ich also auch noch lernen.

Nach der Schule wird dann noch geputzt, und obwohl ich nicht dran war, wartete ich, um wieder mit einem Mädchen aus meiner Klasse heimzufahren, was schön war, auch wenn wir uns ja nicht so gut verständigen konnten. Dann ging ich noch zum hundert-yen-shop. Ich war schon alleine bei der Post und beim hundert yen shop. Und während ich vorgestern nur endlich heim kommen wollte, um all den starrenden Leuten zu entkommen, fühlte ich mich gestern ganz wohl.

Der dritte Tag

Und der dritte ist also auch schon vorbei. Ich hatte eigentlich nicht vor, alles darüber aufzuschreiben, habe es dann eben doch gemacht, und habe jetzt echt keine Lust, es schon wieder zu machen, nachdem es gelöscht wurde. Aber auf jedenfall verstand ich mal wieder so gut wie gar nichts. In Chemie ging es um Nachkommerstellen, und in Mathe um Natürliche Zahlen, was ich weiß, da S-Sensei mir die wichtigsten Wörter auf englisch aufschrieb. Japanisch kann ich total vergessen. In der ersten Stunde, zeitgenössischem Japanisch, mussten wir Überschriften für die Abschnitte eines Textes aufschreiben, in dem ich immerhin die Wörter Kinder und Grundschule erkannte (na ja, vielleicht auch noch ein bisschen mehr). Ich verbrachte die Zeit damit, die Aussprache neben die Kanji zu schreiben, die ich kannte. Die zweite Stunde Japanisch war irgendetwas, wo man alte chinesische Texte lesen muss. Wir verbrachten die ganze Zeit damit, Zahlen in Kästchen zu schreiben, was ich auch brav machte, allerdings ohne einen Schimmer, was es sollte. Zuhause erklärte Yutaro mir dann, das es die Reihenfolge ist, in der man chinesische Texte lesen muss. Am schönsten war Kalligraphie. Dort war eine entspannte Atmosphäre und es machte Spaß, außerdem lobten alle das, was ich schrieb. Ich konnte zwischen Kunst, Musik und Kalligraphie wählen, und ich habe mich jetzt also für Kalligraphie entschieden.

Außerdem kann ich mir schon eine ganze Menge Namen merken, zum Glück. Im langen Home Room, der heute auch war, gab es nämlich noch mal eine Vorstellungsrunde, außerdem fragte ich ein paar Mal noch mal nach und schrieb es mir dann auf und ich schaute mir den Sitzplan an, der normalerweise auf dem Lehrerpult liegt. Dort stehen die Namen nämlich netterweise auch in Hiragana, da selbst die Lehrer Probleme damit haben, die Kanji richtig auszusprechen.

Ach so, und ich finde, dass Doppelstunden echt gut sind. Hier gibt es die nicht, und ich finde, dass 45 Minuten schon ziemlich kurz sind.

Antworten

  • Die wichtigsten Religionen in Japan sind Buddhismus (Zen-Buddhismus) und Shintoismus. 1 Prozent oder so sind Christen. Über andere Religionen weiß ich leider nichts. Aber obwohl früher in Japan das Christentum (und wahrscheinlich auch andere Religionen) verboten waren, nehmen die Japaner es heute nicht mehr so genau damit. Sie vermischen nicht nur Buddhismus und Shintoismus sondern heiraten auch gerne westlich, anstatt shintoistisch, weil sie das weiße Brautkleid so schön finden.
  • Meine Blogeinträge schreibe ich nach japanischer Zeit meistens nachmittags oder am frühen Abend, jetzt ist es allerdings schon halb zehn. Tja, und in Japan ist es acht Stunden früher als in Deutschland. Ich habe übrigens aufgehört, ständig auszurechnen, wie viel Uhr es in Deutschland ist, nur manchmal denke ich noch daran. Gestern Abend habe ich sogar vergessen, in mein Tagebuch zu schreiben "jetzt ist es genau drei Wochen her, dass ich losgeflogen bin", wie ich es an den letzten Dienstagen immer gemacht habe (weil ich meistens Abends um halb zehn oder so Tagebuch schreibe, und es dann in Deutschland wirklich halb zwei Mittags ist.
  • Noch mal wegen Deutsch verlernen: Es gibt wirklich manche Wörter, die ich auf Deutsch schon total komisch finde, weil ich sie nur noch auf Englisch benutzte, zum Beispiel Gastfamilie. Und jedes Mal, wenn ich Gastvater schreiben will, schreibe ich es erstmal mit "f". Ach, und ich habe am Sonntag jemand von AFS getroffen, die Deutsch konnte, so dass ich also mal wieder ein bisschen Deutsch redete, aber es war total seltsam.

Naja, jetzt habe ich wahrscheinlich die Hälfte der Fragen vergessen, aber ich bin so müde, dass ich mich bei jedem zweiten Wort vertippe, und will das jetzt nicht noch einen Tag aufschieben, diesen Eintrag zu veröffentlichen. Falls ich was vergessen habe, folgt das also bald!

Pau-chan (auch bei meiner Klasse heiße ich jetzt so)