Mittwoch, 17.09.2014

#35 Kakerlake und eine schlaflose Nacht

Kakerlakenalarm!

Ich habe heute zum ersten Mal eine Kakerlake gesehen. Sie lief im Klassenzimmer herum. Ob sie tatsächlich erst in dem Augenblick auftauchte, als die Glocken läuteten, oder ob sich davor einfach alle zusammen gerissen hatten, weiß ich nicht genau, auf jedenfall gab es, sobald die Prüfung mit dem ersten Glockenschlag beendet war, ein riesiges Geschrei und die halbe Klasse sprang von ihren Stühlen. In dem entstandenen Durcheinander wurden die Test eingesammelt, während sich ein Halbkreis um die, an den Lockern entlang in Richtung Tür krabbelte, Kakerlake bildete. Ein mutiges Mädchen schaffte es, im Flur einen schnell herbei geschafften Eimer über sie zu stülpen. Die Lehrerin sah sich offenbar genauso wenig wie alle anderen dazu im Stande, die gefangene Kakerlake mit einer Zeitung, die irgendjemand aufgetrieben hatte, zu erschlagen. Stattdessen schrieb sie einen Zettel, den sie auf den Eimer legte. "DON'T OPEN! In diesem Eimer befindet sich eine Kakerlake". Nach dem nächsten Test waren Zettel und Kakerlake verschwunden und der Boden um den Eimer herum gewischt.

Eine schrecklich Nacht

Heute bin ich besonders müde, obwohl ich gestern tatsächlich (fast) nicht für Geschichte gelernt habe. Trotzdem wurde es spät, weil ich einen Manga las, so gut wie zum ersten Mal seit ich hier bin, auch wenn das jetzt seltsam erscheint. Inzwischen geht es aber dafür schon ziemlich einfach. Trotzdem wäre es durchaus noch in Ordnung gewesen, hätte ich schlafen können. Aber das konnte ich aus zwei Gründen kaum: Erstens bin ich schon wieder, wie ständig in letzter Zeit, erklältet, aber diesmal deutlich stärker als die vorherigen Male. Und zweitens erwarteten mich, sobald ich in einen Halbschlaf gefallen war, Träume von Sinus und Cosinus, die auch mein Wissen, dass der Test schon vorbei war, nicht vertreiben konnte. Es war wirklich schrecklich. Aber alle, denen ich es heute in der Schule erzählte, hatten was zu lachen.

Geschichte = Versailles und Wilson 

In Geschichte wusste ich zwei Dinge: Dass das Land, das beim Versailler Vertrag dazu verordnet wurde, Geld zu bezahlen, Deutschland war, und dass ein Mann Wilson hieß. Er war der Präsident der USA, würde ich mal sagen, aber nicht einmal das wusste ich. Ich wusste nur, dass er offenbar kein Japaner war, weil man den Namen in Katakana (einer Lautschrift, die für ausländische Namen und Worte verwendet wird) schreiben sollte, und Wilson war der einzige Name, der mir in dem Zusammenhang einfiel, weil ich ihn gestern im Geschichtsbuch gelesen hatte. Ansonsten habe ich bei allen Fragen, bei denen man was auswählen sollte, was ausgewählt, mal sehen ob irgendwas davon richtig war. Außerdem habe ich gemerkt, dass man hier richig gut abschreiben kann, weil man ja immer auf Antwortbögen schreibt, auf denen dann oft nur einzelne Zahlen (bei den sehr häufigen Multiple Choice Tests) stehen, die man sehr sehr gut sehen kann. Ich habe aber keinen Gebrauch davon gemacht.

Wie ich schon mal schrieb, haben wir zwei verschiedene Mathekurse, weshalb wir ja auch zwei Prüfungen haben. Im einen Kurs haben alle Klassen meines Jahrganges S-Sensei, im anderen nur die z-Klasse, also die schwerste. Da ich von der z- in die x-Klasse gewechselt bin, habe ich sie jetzt also noch in dem einen Mathe, im anderen aber eine andere Lehrerin. 

Testwochen gibt es in meiner Schule vier pro Schuljahr, was häufig so ist, aber es gibt auch Schulen, wo es noch öfter Tests gibt, so weit ich weiß. Die letzte ist aber im März, kurz bevor das Schuljahr rum ist, was heißt, dass ich dann schon wieder in Deutschland bin.

Jetzt werde ich wieder Manga lesen, denke ich, und morgen habe ich frei!

Pauline

P.S. Die Fotos haben nicht wirklich eine Bedeutung. Das erste ist von der größten Birne, die ich je gesehen habe (mit meinem Fuß als Größenvergleich). Das ist aber nicht normal für Japan, Shiori war genauso begeistert wie ich. Das zweite ist von zwei Karpfen, die in einem Bach leben, den ich überquere, wenn ich zum Aikido gehe. Dort sind richtig viele, und sie sind riesengroß, was man auf dem Foto leider nicht wirklich sieht. Ich freue mich immer, sie zu sehen, wobei die wiederrum hier niemanden sonst interessieren.

Die größte Birne, die ich je gesehen habe Karpfen